Allgemeine Medizin

Individuelle Strategien für Diabetiker

Rund um die häufigste Stoffwechselerkrankung wird viel geforscht. Gab es früher eine Therapie für alle, sucht man nun auch bei der Vorbeugung nach personalisierten Behandlungsmöglichkeiten.

09.08.2019

Immer mehr Menschen in Deutschland erkranken an Diabetes. Derzeit gibt es etwa sieben Millionen Betroffene. Experten rechnen bis zum Jahr 2040 mit einem Anstieg auf zwölf Millionen Erkrankte. Damit erhöht sich auch das Risiko für einen früheren Tod. Jeder fünfte Deutsche stirbt an Diabetes. Wirksame Präventionsmaßnahmen und innovative Behandlungsformen seien daher wichtig, sagte Professor Dr. Martin Hrabì de Angelis
auf der Pressekonferenz beim 125. Deutschen Internistenkongress Anfang Mai in Wiesbaden. Er ist Vorstandsmitglied beim Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), Direktor und Lehrstuhlinhaber der Institute für Experimentelle Genetik am Helmholtz Zentrum München und der Technischen Universität München. Studien aus Skandinavien zeigen, dass wir es beim Typ-2-Diabetes mit verschiedenen Untertypen zu tun haben, die unterschiedlich schwer verlaufen. Und Patienten, die an bestimmten Subtypen leiden, haben ein hohes Risiko für diabetische Folgeschäden.

Nicht jeder Prädiabetiker erkrankt

So gibt es Menschen, bei denen die Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin produziert. Andere haben eine Insulinresistenz, d. h. sie haben genügend Insulin, es gelangt nur nicht in die Zellen. Menschen mit viel Fett im Bauchbereich und zwischen den Organen gehören wiederum zu einer anderen Subgruppe. „All diese unterschiedlichen Gruppen sollte man jeweils anders therapieren“, rät Hrabì de Angelis. Aktuelle Studien des DZD zeigen, dass es bereits beim Prädiabetes unterschiedliche Subgruppen gibt und dass nicht jeder Prädiabetiker ein gleich hohes Risiko hat, später einen Diabetes zu entwickeln. „Bei Probanden, die an einer Fettleber mit Insulinresistenz oder einer Insulin-Sekretionsstörung leiden, kommt es mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu einer manifesten Diabeteserkrankung“, so der Wissenschaftler. „Zudem ist hier das Risiko erhöht, später auch Folgeerkrankungen auszubilden.“

Lebensstil verändern, aber wie?

Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine intensive Änderung des Lebensstils mit viel Bewegung und einer nachhaltigen begleitenden Beratung helfen kann, den Ausbruch der Stoffwechselerkrankung hinauszuzögern oder gar zu vermeiden. Doch wie bringt man Menschen dazu, ihren Lebensstil zu ändern? Auch gäbe es zudem ungefähr 20 Prozent „Non-Responder“, also Menschen, bei denen selbst eine solche Veränderung nichts bringt, so der Experte. Schuld seien Entzündungen in den Zellen, den Mitochondrien. Auch diesen Patienten müsse man Lösungen anbieten. Das DZD arbeitet daran, weitere Subtypen des Diabetes und des Prädiabetes zu identifizieren und dafür spezifische Präventionsansätze beziehungsweise Therapien zu entwickeln.
Innovative IT-Technologien und der Aufbau eines digitalen DiabetesPräventionszentrums (DDCP) sollen dabei helfen, Subtypen des Diabetes in der Bevölkerung frühzeitig zu erkennen. Nur so ist es möglich, auch eine zielgerichtete personalisierte Prävention beziehungsweise Therapie zu entwickeln. (bibi)