Allgemeine Medizin

Hoffnung bei Autoimmunerkrankungen

Die Salze der Propionsäure schützen Lebensmittel vor Schimmelpilzen. Doch jetzt könnte die Fettsäure auch Diabetikern und Menschen mit Autoimmunerkrankungen helfen.

24.09.2016

Die Salze der Propionsäure schützen unsere Lebensmittel vor giftigen Schimmelpilzen und sorgten schon Mitte des letzten Jahrhunderts dafür, dass Brot und Käse länger frisch blieben. Jetzt haben deutsche Wissenschaftler ganz neue positive Eigenschaften dieser kurzkettigen Fettsäuren – der Propionate – entdeckt, die in der Natur in ätherischen Ölen vorkommen und unter besonders günstigen Bedingungen auch im menschlichen Darm produziert werden. Neueste Studien zeigen: Propionat könnte in Zukunft helfen, Autoimmunerkrankungen wie etwa Multiple Sklerose, Schuppenflechte, Rheuma oder Diabetes Typ 1 wirkungsvoller zu behandeln.

Immunsystem regulieren

Propionate könnten nach den neuesten Forschungsergebnissen in der Lage sein, das etwa bei Autoimmunerkrankungen oder Allergien übersteuerte Immunsystem herunter zu regulieren, also ein chronisch erhöhtes Entzündungslevel zu normalisieren, hofft Professor Dr. Norbert Brockmeyer, der als Direktor für Forschung und Lehre an der Ruhruniversität Bochum arbeitet. Auch Professor Dr. Wolfram Sterry, ehemaliger Klinikdirektor an der Charité Berlin, ist überzeugt: „Die Salze kurzkettiger Fettsäuren wie Natrium- und Calciumpropionat haben das Potenzial, dem Auftreten verschiedener Entzündungserkrankungen vorzubeugen und positiv zu beeinflussen.“ Ihre Wirkung entfalten die kurzkettigen Fettsäuren vor allem im Dickdarm, wo sie Entzündungsvorgänge hemmen und dazu beitragen können, den Zucker- und Fettstoffwechsel zu normalisieren. Neueste Untersuchungen zeigen, dass sie über den Darm die regulierende „Schutzpolizei“ im Immunsystem aktivieren, also Prozesse anregen, die bei Autoimmunerkrankungen oft gestört sind.

Hilfe bei MS und Diabetes

Im experimentellen Modell ist es so bei Multipler Sklerose (MS) gelungen, durch tägliche Gabe von zweimal 500 Milligramm Propionat den Schweregrad des Erkrankungsverlaufs deutlich zu mildern. Aktuell sind Wissenschaftler der neurologischen Universitätskliniken in Bochum und Erlangen diesen Zusammenhängen und dem Einfluss der Mikroflora des menschlichen Darms auf die Entstehung der Multiplen Sklerose auf der Spur.
Die Wissenschaftler haben noch andere positive Effekte entdeckt, die durch die tägliche Gabe von 1000 Milligramm Propionat unterstützt werden, etwa bei der Behandlung von Arterienverkalkung. Was die Bochumer Wissenschaftler bei ihren Untersuchungen außerdem verblüffte: Die Einnahme von Natrium- bzw. Calciumpropionat trug bei Patienten mit Diabetes messbar zur Normalisierung des Blutzuckerspiegels bei. Die Forscher vermuten, dass die kurzkettigen Fettsäuren im Darm zwei Hormone freisetzen, die dem Körper zum einen ein Sättigungsgefühl signalisieren und zugleich dazu beitragen, das Zuckerlevel im Blut zu reduzieren. (red)