Allgemeine Medizin

Entzündete Bauchspeicheldrüse: Sind die Gene schuld?

Das Organ ist nur vermeintlich unscheinbar. Vielmehr ist es überlebenswichtig und eine Entzündung deshalb nicht ungefährlich.

27.03.2018

Beim Thema Verdauung denkt man zuerst an Magen und Darm. Vielleicht noch an die Leber und die Galle. Aber die Bauchspeicheldrüse (Pankreas)? Dabei spielt sie im Körper geradezu eine Schlüsselrolle bei der Nahrungsverwertung. Arbeitet sie ineffizient, hat das weitreichende Folgen für den gesamten Organismus.

Hormone und Enzyme

Zwischen Leber und Milz im Oberbauch gelegen, ist es ihre Aufgabe, Enzyme und Hormone für die Verdauung zu produzieren. Sogenannte Inselzellen stellen nichts weniger als das Hormon Insulin her, das ausgeschüttet wird, sobald der Zuckerspiegel im Blut ansteigt. Das Hormon ist quasi der Schlüssel zu den Zellen, die den Zucker als Treibstoff benötigen. Funktioniert dieser Steuerungsmechanismus nicht mehr, etwa weil die Inselzellen zerstört sind oder der Körper gegen das Insulin resistent ist, spricht man von Diabetes. Ohne zuckersenkende Medikamente oder künstliches Insulin würde der Blutzuckerspiegel unkontrolliert ansteigen. Die Folge: Nerven, Blutgefäße und damit wichtige Organe würden geschädigt. Ohne Medikamente oder künstliches Insulin könnten Diabetiker deshalb nicht überleben.
Die Enzyme, die die Bauchspeicheldrüse ebenfalls produziert, helfen dabei, Eiweiße, Stärke und Fette im Dünndarm aufzuspalten und damit für die Verwertung verfügbar zu machen. Aber auch der Bauchspeichel, der dem Organ seinen Namen gibt, wird in der Drüse produziert. Seine Aufgabe ist es, die Magensäure zu neutralisieren, damit die Enzyme auch tatsächlich wirken können.
Die Bauchspeicheldrüse erfüllt also sehr wichtige Funktionen.

Akute Entzündung

Doch ein ständiger, übermäßiger Genuss von Alkohol oder eine endoskopische Untersuchung der Gallenblase, der Gallengänge und der Bauchspeicheldrüse, bei der ein Kontrastmittel verwendet wird (ERCP) kann dazu führen, dass sich das wichtige Organ entzündet. Typische Symptome sind ein quälender, druckschmerzhafter Oberbauch und gürtelartige Schmerzen, die sich vom Oberbauch, zwischen Bauchnabel und Brustbein, bis in den Rücken ziehen können, dazu Gesichtsblässe, Schwäche und Fieber. Die Enzymbildung kann dann nicht mehr korrekt funktionieren. Fettstühle und Durchfälle, die auf eine nur unzureichende Nahrungsverwertung schließen lassen, sind die Folge.

Chronische Entzündung

Bei der chronischen Form der Pankreatitis handelt es sich um eine schwerwiegende, fortschreitende und nicht mehr heilbare Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Zu 70 bis 80 Prozent ist auch sie alkoholbedingt. Doch es gibt auch eine erbliche Komponente.
Zu den typischen Symptomen gehören immer wiederkehrende Oberbauchschmerzen, Übelkeit mit Erbrechen und Verdauungsstörungen. Mit dieser chronischen Form steigt auch das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs, der die niedrigste Überlebensrate aller Krebsarten hat, auch deshalb, weil der Krebs im Anfangsstadium kaum Beschwerden bereitet und schnell streut. Eine gute Früherkennung könnte deshalb die Prognose für die Heilungsaussichten deutlich erhöhen.

Risiko-Gen entdeckt

Einem internationalen Forscherteam unter Leitung der Universitäten Leipzig und Halle ist es nun gelungen, einen neuen vererbbaren Mechanismus ausfindig machen, der zur Entstehung von Bauchspeicheldrüsenentzündungen beiträgt. Forschergruppen aus zehn europäischen Ländern und den USA suchten und verglichen bei 3609 Pankreatitis-Patienten und 12

735 gesunden Teilnehmern genetische Risikofaktoren.
Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Markus Scholz vom LIFE Forschungszentrum der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig führte gemeinsam mit Dr. Holger Kirsten die genomweiten, biostatistischen Analysen durch. „Wir konnten im Rahmen unserer Studie neue Risikovarianten identifizieren und deren Wirkung verstehen. Dies gilt vor allem für das neu gefundene Risikogen Chymotrypsin B (CTRB), das eine Schlüsselrolle in der Bauchspeicheldrüse spielt. Ein kurzer Abschnitt auf der Erbinformation ist bei Patienten häufig umgedreht eingebaut, und zwar sowohl bei Patienten mit einer alkoholischen als auch einer nicht-alkoholischen Form der Erkrankung“, sagt Prof. Scholz. „Damit zeigt sich eine nicht erwartete Verbindung zwischen diesen beiden Krankheitsformen“, führt Dr. Kirsten vom Leipziger Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE) aus.
Diese Entdeckung ermöglicht nun die umfassende Suche nach genetischen Risikofaktoren der Pankreatitis.

(red)