Allgemeine Medizin

Diabetisches Fußsyndrom – Amputationen verhindern!

Millionen Menschen sind „zuckerkrank“. Doch wer denkt schon daran, durch diese Krankheit irgendwann ein Bein zu verlieren? Was man tun kann, um das zu verhindern.

08.05.2019
Der regelmäßige Gang zum Podologen sollte für Diabetiker Pflicht sein. Dieser kann Wunden an den Füßen schneller entdecken.   Foto: AdobeStock / Alexander Raths Der regelmäßige Gang zum Podologen sollte für Diabetiker Pflicht sein. Dieser kann Wunden an den Füßen schneller entdecken. Foto: AdobeStock / Alexander Raths

Nach Schätzungen des Deutschen Gesundheitsberichts Diabetes 2018 könnten mittlerweile rund 6,7 Millionen Deutsche an Diabetes mellitus leiden. Die „Zuckerkrankheit“ zählt zu den Stoffwechselerkrankungen, bei denen die Patienten einen chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel haben. Grund ist entweder ein Insulinmangel oder eine Insulinresistenz.
Diabetes verursacht aber auch schwere Folgeerkrankungen, u. a. das diabetische Fußsyndrom, kurz DFS. „Für Diabetiker besteht ein lebenslanges Risiko von 25 Prozent, an diesem Symptom zu erkranken“, sagt Prof. Dr. Stephan Schneider, Chefarzt der Inneren Medizin, Endokrinologie und Diabetologie im St. Vinzenz-Hospital Köln. Erfolgt die Behandlung zu spät, droht die Gefahr einer Amputation des Fußes oder sogar von Teilen des Beines, damit sich eine mögliche Infektion nicht in andere Körperbereiche ausbreitet. Für die Patienten ein Schock und eine große Einbuße an Lebensqualität und Selbstständigkeit. Noch immer kommt es deshalb in Deutschland zu rund 50.000 Amputationen – jedes Jahr!

Hautschäden und Verletzungen

Beim DFS beeinträchtigen Nervenstörungen die Schweißproduktion, sodass die Haut an Beinen und Füßen rissig und trocken wird. Damit ist sie anfälliger für Verletzungen. Die eingeschränkte Nervenempfindlichkeit hat zudem erhebliche Komplikationen, wie Fehlstellungen, ungleichmäßige Hornhautbildung oder Druckstellen, zur Folge.
Betroffene bemerken aber wegen des häufig reduzierten Schmerzempfindens die Verletzungen nicht rechtzeitig, wodurch sich diese verschlimmern können.
Hinzu kommt die oftmals beeinträchtigte Immunabwehr von Diabetikern.
Durch die schlechtere Wundheilung können selbst leichte Verletzungen oder Hautschäden zu schweren Erkrankungen wie Geschwüren führen.

Welche Therapie helfen kann

Zur Behandlung des diabetischen Fußsyndroms gilt es zunächst, die Blutzuckerwerte gut einzustellen. Neben der medikamentösen Gabe von Antibiotika, Schmerzmitteln oder Blutverdünnern, die Blutverklumpungen vorbeugt, können bei der Wundbehandlung beispielsweise Vakuum-Saug-Verbände unterstützen. Eine Madentherapie, bei der speziell gezüchtete, sterile Maden zum Einsatz kommen, scheint zunächst ungewöhnlich. Prof. Dr. Schneider erklärt jedoch: „Für die Maden stellen Wundbeläge eine geeignete Nahrungsquelle dar, sodass sie das abgestorbene Gewebe abtragen und die Wunden von Bakterienbefall befreien.“
Sollten die Verletzungen nur schwer verheilen, können Hauttransplantationen für Betroffene Linderung bringen. Zur Behandlung von instabilen Brüchen dient neben Operationen der Einsatz des Fixateurs externe, einer Art äußerer Haltevorrichtung, mit der die betroffenen Knochenstrukturen des Fußes und der Sprunggelenke stabilisiert werden.
Befindet sich das DFS bereits in einem fortgeschrittenen Stadium einer Durchblutungsstörung, können eine Bypass-Operation an den arteriellen Gefäßen der Beine oder gefäßerweiternde Eingriffe, eine Amputation häufig vermeiden. Bei dieser „Stentimplantation“ stabilisiert eine Art Röhrchen aus Metall oder Kunstfasern die verengten Gefäße.

Ganzheitliche Behandlung wichtig

Das diabetische Fußsyndrom lässt sich leicht durch eine ausführliche Anamnese und bildgebende, gefäßdarstellende Untersuchungen, wie Ultraschall oder Röntgendiagnostik, feststellen. Die Schwere der Fußwunden teilt der Arzt anhand der Wagner-Armstrong-Klassifikation ein. Hierbei handelt es sich um eine Kombination zweier Klassifikationstabellen, die sowohl die Tiefe der Wunde als auch das Ausmaß der Infektion und eine mögliche Durchblutungsstörung erfasst. Eine interdisziplinäre und individuelle Behandlung gibt Betroffenen ihre Lebensqualität zurück.
Um einen Rückfall möglichst zu verhindern, sollten Menschen mit Diabetes einiges beachten, wie beispielsweise die regelmäßige Untersuchung der Füße und des Schuhwerks. Neben dem Einsatz von speziellem Schuhwerk oder Gehhilfen sind regelmäßige podologische Behandlungen ein wichtiger Bestandteil der Vorsorgestrategie. (red)